Sonntag, 1. Dez. 2024 – 10:30 Uhr
Gottesdienst zum 1. Advent
mit der Kurrende I
… ist er zunächst einmal ganz herzlich willkommen. Wir freuen uns über jeden, der sich bei uns meldet. Und dabei ist es völlig egal, ob er einer Konfession angehört oder nicht, denn der Knabenchor ist in seinem Selbstverständnis überkonfessionell.
… erwartet ihn eine intensive Gesangsbildung. Diese beginnt sehr niedrigschwellig: Die meisten Jungen kommen zwar mit großer Begeisterung für das Singen, haben aber wenig bis keine Erfahrung – woher auch? Einige sind noch sehr unsicher und verfügen über wenig Selbstbewusstsein, denn natürlich können sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen, wie gut sie in einigen Monaten singen werden. Daher gibt es in den Einsteigergruppen (Kurrenden III und II) noch kein Vorsingen. Am Ende mündet unsere Ausbildung dann bei einigen Jungen sogar in einen musikalischen Beruf: Aus unseren Chorsängern werden manchmal Chorleiter, Organisten, Dirigenten und natürlich auch Berufssänger.
… lernt er einen kostbaren Schatz an Chormusik kennen. Die Jüngsten (Kurrende III 3-5 Jahre) singen Kinderlieder wie „Lasst uns froh und munter sein“, die Älteren aus dem Konzertchor (8-18 Jahre) dann die großen Oratorien, wie das „Weihnachtsoratorium“ von J.S. Bach, den „Messias“ von G.F. Händel oder das „Requiem“ von W.A. Mozart. Dazwischen liegen unzählige Werke, die sich über Jahrhunderte bewährt haben und die Jungen durch ihr gesamtes Leben begleiten werden.
… ist er nicht vom Einkommen seiner Eltern abhängig, denn die Ausbildung ist kostenlos. Für Einzelstimmbildung wird u.U. ein Zuschuss von den Eltern erbeten, aber die Kernausbildung kostet nichts. Das wird bei vergleichbaren Chören immer seltener, und daher sind wir darauf auch besonders stolz.
… erlebt er alles in einer ganz besonderen Gemeinschaft. Ein hoher Anteil des gemeinsamen Lebens spielt sich außerhalb des Probensaales ab: Auf Chorfreizeiten, Konzertreisen oder bei Freizeitveranstaltungen in Bremen lernen die Jungen, sich in eine Gemeinschaft einzubringen, Verantwortung für andere zu übernehmen, eigene Stärken zu entwickeln und dabei Schwächen von anderen nicht auszunutzen. Die Möglichkeit, in einer altersdurchmischten Jungengruppe aufzuwachsen und in dieser Gemeinschaft viele Länder der Welt zu entdecken, gibt es nur bei einem Knabenchor.
… erlebt er ein hochengagiertes Team aus Erwachsenen. Ob Chorleiter, Assistentin, Sekretärin, Stimmbilder, Pädagogen für Notenlehre… Wir tun alles, was möglich ist, um die Jungen mit unserer Leidenschaft für die Welt unseres Knabenchores mitzureißen und ihnen ein wunderbares Aufwachsen zu ermöglichen. Ehemalige Sänger berichten übereinstimmend, dass ohne die anspruchsvolle Ausbildung, das intensive gemeinsame Singen und die besondere Gemeinschaft im Knabenchor ihr Leben ganz anders verlaufen wäre. Wer noch mehr über unsere Ausbildung erfahren möchte, liest einfach weiter…
Der Gesang von Knabenchören ist ein kultureller Schatz – und das bereits seit über 1000 Jahren. Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren Knabenchöre das alleinige Instrument, das Komponisten bei der Erschaffung von Kirchenmusik inspiriert hat: Musik wie Bachs Weihnachtsoratorium, die fast jeder kennt und millionenfach zur Aufführung kommt. Heute sind Knabenchöre – im Gegensatz zum Kinderchor – selten geworden. Doch auch in moderner Zeit hat ein Chorklang aus Jungenstimmen nichts an Faszination verloren. Knabenchöre klingen einzigartig.
In ungebrochener Tradition leisten Knabenchorschulen eine pädagogische Ausbildung, die an Umfang, Intensität und Vielfalt beispiellos ist. Die Schulfächer, die in unseren Proben eine Rolle spielen, bestehen keineswegs nur aus Musik und Religion oder Philosophie, sondern reichen von Biologie (Stimmbildung) und Mathematik (Rhythmuslehre) über Deutsch und mehrere Fremdsprachen (Texte) bis hin zu Physik (Klang und Intonation), Geschichte (historischer Hintergrund) oder Gesellschafts- und Sozialkunde. Und last not least: Der intensive Sport auf Chorfreizeiten. Knabenchöre bilden einzigartig.
Nur im Knabenchor… kann ein leidenschaftlich singender Junge mit anderen Jungen zum Teil einer großen altersübergreifenden Gemeinschaft werden. Nur im Knabenchor ist der Abiturient auf den 4.-Klässler angewiesen, denn ohne ihn kann er das Weihnachtsoratorium nicht singen. Nur im Knabenchor werden 17-Jährige – bewusst oder unbewusst – einen gemeinsamen Leistungsanspruch mit Zehnjährigen entwickeln. Nur im Knabenchor braucht der 11-Jährige den 16-Jährigen, um das Fußballspiel am Ende doch noch zu gewinnen und der heimwehgeplagte Neue im Sopran wird die Erleichterung nie vergessen, wenn sein viel zu voll gepackter Koffer von einem „Großen“ aus dem Bass in den 4. Stock der Jugendherberge geschleppt wird. (Schon in wenigen Jahren wird der „Kleine“ dann selber die Koffer der Jüngeren tragen und damit zum Vorbild für die nächste Chorsängergeneration werden.) Es ist diese wunderbare Abhängigkeit zwischen Jung und Alt, die für das gesamte Leben prägend ist. Erlebnisse und Erfahrungen, die man jedem Jungen wünscht. Unsere ehemaligen Sänger sind überzeugt, dass ihr Leben ohne Kindheit und Jugend im Knabenchor ganz anders verlaufen wäre. Knabenchöre sind einzigartig. Gott sei Dank!
Der Knabenchor Unser Lieben Frauen Bremen ist die älteste Kultureinrichtung seiner Heimatstadt. Zweifellos war es eine spektakuläre Entdeckung, als erst kürzlich bekannt wurde, dass der Chor seine Wurzeln bereits im 16. Jahrhundert hat. Wenige Schritte nördlich von Unser Lieben Frauen stand das Katharinen-Kloster (Reste sind noch erhalten), das im Jahr 1528 auf Initiative Martin Luthers in eine Lateinschule für Jungen umgewandelt wurde. Die Kantoren der Schule waren Angestellte der Stadt und damit gleichzeitig für die gesamte Chor- und Instrumentalmusik der Ratskirche Unser Lieben Frauen verantwortlich. Hier hat der Knabenchor der Schule unter Leitung des ersten Kantors Petrus täglich gesungen.
Schule und Knabenchor haben bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts bestanden. Zunächst als Lateinschule (Pädagogium), später als akademisches Gymnasium (Gymnasium illustre), das Jungstudenten aus ganz Europa anzog. Die Entwicklung im Verlauf des 19. Jahrhunderts ist noch nicht abschließend recherchiert. Zunächst scheint es keine vergleichbare Knabenchorarbeit mehr gegeben zu haben.